Roboterbasiertes Leerguthandling bei der Paderborner Brauerei

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Hoch die Flaschen!

Individuelle Verpackungen liegen im Trend – auch in der Brauindustrie. Für das automatisierte Leerguthandling bedeutet diese Vielfalt allerdings hohe und oft auch neue Anforderungen. Wie ein aktuelles Projekt des Systemlösers vision-tec gmbh zeigt, bieten dabei Knickarmroboter große Potenziale: In der Paderborner Brauerei übernimmt ein MOTOMAN-Industrieroboter von YASKAWA komplexe Aufgaben beim sortenreinen Palettieren von Fremd-Leergut.

Auch wenn die Mehrwegquote bei Getränkeverpackungen seit Jahren sinkt, sind wiederbefüllbare Flaschen und Kästen gerade in der Brauindustrie weiter gefragt. Und nicht nur das: Es lohnt sich für viele Brauereien sogar, das Fremd-Leergut anderer Marken sortenrein zu sortieren, um es später bei den Kollegen gegen eigenes Leergut einzutauschen.

Das gilt in großem Umfang auch für die Paderborner Brauerei. Seit 1990 gehört sie zur Warsteiner-Gruppe. Die Tradition der modernen Braustätte reicht jedoch bis ins Jahr 1852 zurück. Heute werden dort rund 98 Prozent der Produktion in Mehrwegbehälter abgefüllt. Auch die gesamte Leergutbehandlung erfolgt in unmittelbarer Nähe der Abfüllanlagen. "Lag der Anteil an fremdem Leergut früher bei etwa fünf Prozent, ist es heute über ein Drittel", sagt Uwe Bernardy, der bei der Paderborner Brauerei die Abfüllung leitet. Und er nennt auch gleich den Grund für diese Entwicklung: die zunehmende Individualisierung von Flaschen und Kästen.

Aktuell werden sieben Sorten Fremd-Leergut regelmäßig sortenrein zum Abtransport auf Paletten vorbereitet. Wenn dies heute von Hand sortiert werden würde, müssten dies 15 bis 20 Mitarbeiter ausführen - eine körperlich anstrengende Aufgabe, die zudem dem allgemein hohen Automatisierungsgrad der Abfüllanlage nicht mehr entsprach. Immerhin setzen die Paderborner als eine der ersten Brauereien weltweit bereits seit 2003 Roboter zur automatischen Sortierung von Flaschen ein.

Aufgabenstellung: Flexibilität auf kleinem Raum

Vor diesem Hintergrund ging nun darum, auch diesen Prozessschritt komplett zu automatisieren. Nach Prüfung mehrerer Konzepte zur Realisierung einer Komplettsortierung und Umpackanlage für bis zu sieben Kasten- bzw. Flaschensorten fiel die Wahl auf die Lösung der vision-tec gmbh in Kassel. Als Planungsbüro im August 2011 gegründet, ist das Unternehmen heute Marktführer für automatische Leergutsortieranlagen. Das Portfolio umfasst patentierte Erkennungs- und Sortiermaschinen für die Getränke- und Lebensmittelindustrie ebenso wie die Planung kompletter Anlagen.

Für vision-tec war es nicht der erste Auftrag in der Paderborner Brauerei. Vielmehr haben die Spezialisten aus Kassel in den vergangenen Jahren schon mehrere Automatisierungsprojekte in der Abfüllanlage realisiert. So wurde z. B. 2014 die Sortieranlage mit einem vision-tec-Sortierroboter neuester Bauart ausgestattet, der seitdem neue Maßstäbe bei Sortierqualität und -leistung sowie bei der Anlagenflexibilität setzt.

Auch bei der aktuellen Aufgabenstellung war Flexibilität eine der zentralen Anforderungen. Vor allem ging es aber darum, diese Flexibilität auf möglichst kleiner Fläche und bei hohen Taktzahlen zu gewährleisten. Darüber hinaus sollte die Anlage weitgehend wartungsfrei arbeiten und natürlich ein ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis bieten.

Anlagenlayout: Roboter steht im Zentrum

Bei der Konzeption der Anlage wurde den Konstrukteuren von vision-tec schnell klar, dass sich die vielfältigen Anforderungen am besten mit einem Knickarm-Roboter erfüllen lassen. "Das war für uns ein neuer Ansatz, denn bisher haben wir mit Portalrobotern immer alle Aufgaben gut lösen können", blickt Knut Oppermann, Geschäftsführer und Gesellschafter von vision-tec, zurück. "Vor allem aus Platzgründen, aber auch aus Performancegründen war ein Knickarm-Roboter hier jedoch die bessere Lösung."

Der Roboter steht - buchstäblich - im Zentrum der Anlage: Um den Manipulator sind sternförmig acht Palettierpositionen angeordnet, die der Roboter mit einer Leistung von insgesamt 1.000 Kästen pro Stunde bearbeitet: An sechs Positionen werden die verschiedenen Fremdsorten lagenweise sortenrein palettiert. Eine Lage entspricht dabei acht Kästen. Die Flexibilität der Anlage zeigt sich darin, dass die Paletten je nach Höhe der Kästen bzw. des LKWs, für den sie bestimmt sind, zwischen vier und sechs Lagen variieren kann. Die siebte Position wird - als Zusatzaufgabe zwischen den Palettiervorgängen - zum Entpalettieren leerer Kästen für die parallel laufende Umpackanlage genutzt. Und über die achte Position wird das gesamte Leerpalettenhandling abgewickelt.

Alle acht Palettierstationen verfügen über jeweils zwei Palettenpositionen: eine Beladeposition zum Palettieren der Kästen und eine Abholposition zur Abholung der fertigen Palette. Während eine fertige Palette in der Abholposition auf ihre Abholung wartet, wird in der Beladeposition bereits die nächste Leerpalette positioniert, die mit weiteren Kästen dieser Sorte beladen werden kann. So werden Wartezeiten in der Palettierung vermieden.

Die Zuführung erfolgt direkt aus der vorgelagerten Sortieranlage. Die zu palettierenden Kästen werden vor der Palettierung in kurzen Staubahnen gesammelt, die 16 Kästen einer Sorte aufnehmen können. Die Kästen werden dann in Lagen à acht Kästen von den Staubahnen abgezogen und zum Palettierroboter befördert. Sämtliche Transportaufgaben vom Handling der Leerpalettenstapel über die Anlieferung von Kästen für die Umpackanlage bis hin zur Abholung fertiger Paletten übernimmt - ebenso kosten- wie platzsparend - im laufenden Betrieb ein einziges Fahrerloses Transportsystem (FTS) mit Lithium-Ionen-Akku.

 

 

 

Palettierroboter MOTOMAN MPL500 II von Yaskawa

Bei der Suche nach einem geeigneten Roboter entschieden sich Knut Oppermann und sein Team für einen MOTOMAN MPL500 II von YASKAWA, der mit einem Parallelgreifer ausgestattet ist. "Dafür sprach nicht zuletzt der gute Ruf der MOTOMAN-Roboter in der Getränkebranche", wie Oppermann erklärt.

Bei einer vertikalen Reichweite von 3.024 mm und einer horizontalen Reichweite von 3.159 mm bewegt der 4-Achser hochpräzise Lasten bis 500 kg. Damit ist das Modell aus der MPL-Serie ideal für solche Palettieranwendungen geeignet. Dafür sprechen auch die schnelle Beschleunigung, eine Wiederholgenauigkeit von 0,5 mm und die hohe Geschwindigkeit von bis zu 1.200 der üblichen Palettierzyklen pro Stunde. Neben Box- und Kartonpalettierungen lassen sich so mit dem MOTOMAN MPL500 II zum Beispiel auch Automatisierungslösungen in Versandzentren realisieren. Die interne Kabel- und Leitungsführung von der Basis bis zur U-Achse sorgt für eine hohe Zuverlässigkeit sowie geringe Störkonturen und ist zudem besonders wirtschaftlich. Auf Wunsch der Brauerei bzw. optisch einheitlich mit den anderen Automatisierungskomponenten in der Abfüllung wurde der Roboter in einer gelben Sonderlackierung ausgeführt.

Über die leistungsfähige Hardware hinaus sprach noch ein entscheidendes Argument für den MOTOMAN-Roboter MPL500 II: Der kraftvolle Palettierer arbeitet mit der aktuellen Steuerungsgeneration MOTOMAN DX200. Der integrierte Safety Controller macht diese Hochleistungssteuerung zudem zu einer kompletten Funktionalen Sicherheitssteuerung (FSU) der Kategorie 3. Mit bis zu 32 festlegbaren Sicherheitszonen und 16 möglichen Werkzeugen werden kleinere Arbeitsbereiche und eine optimale Ausnutzung der Produktionsfläche möglich. "Diese Safety-Funktionen konnten wir problemlos in unser Sicherheitskonzept übernehmen", so Oppermann.

Über eine MotoLogix-Schnittstelle ist die Robotersteuerung zudem per Ethernet in die Software der Anlage eingebunden, ein PC-basiertes Steuerungssystem mit Windows-Oberfläche. Die Vernetzung aller Anlagenkomponenten ermöglicht einen Fernwartungszugriff auf die einzelnen Systeme, um bei Störungen schnell und effektiv rund um die Uhr helfen zu können.

Fazit und Praxiserfahrungen

Mit einer von vision-tec realisierten Komplettsortierung und Umpackanlage für Fremd-Leergut führt die Paderborner Brauerei die Automatisierung ihrer Abfüllanlage konsequent fort. Der innovative Einsatz eines MOTOMAN Knickarmroboters bildet das Herzstück der Lösung.

Nach dem ersten Jahr im Praxisbetrieb zieht vision-tec-Geschäftsführer Knut Oppermann ein rundum positives Fazit: "Schon die Inbetriebnahme des MOTOMAN-Roboters war einfach. Seitdem läuft die Anlage gut und absolut störungsfrei." Diesen Eindruck bestätigt auch Oppermanns Kunde Uwe Bernardy: "Die Erwartungen an den Roboter haben sich vollständig erfüllt!"